Die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete ist für das Jahr 2024 geplant. Ende Januar haben sich die Länder auf Mindeststandards geeinigt. Es besteht jedoch noch Diskussions- und Handlungsbedarf bezüglich der detaillierten Vergabebedingungen sowie der organisatorischen und technischen Umsetzung in den einzelnen Bundesländern.
Über Bezahlkarten für Geflüchtete und Asylsuchende anstelle von reinen Geldleistungen wurde 2023 in Deutschland sehr kontrovers diskutiert. Nachdem sich die Bundesländer im November des Jahres über eine zeitnahe Einführung der Karte verständigt hatten einigten sich 14 der 16 Bundesländer im Januar 2024 über Regelungen zur einheitlichen Vergabe der Bezahlkarte. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern werden die Karte ebenfalls einführen und eigene Bedingungen für die Vergabe festlegen.
Asylsuchende erhalten anstelle von Bargeld eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion. Die Debitkarten werden das Visa oder Mastercard Zahlungsnetzwerk nutzen. Damit können die Karteninhaber:innen alltägliche Ausgaben deutschlandweit an Ladenkassen mit Visa- oder Mastercard-Logo bezahlen.
Über die Höhe des Kartenguthabens und den Umfang einer Bargeldauszahlung entscheidet jedes Bundesland selbst. Ein möglicher Barbetrag dürfte sich im Bereich des Taschengeldes bewegen, den Asylsuchende in der Erstaufnahme gemäß dem Asylbewerberleistungsgesetz für den persönlichen Bedarf erhalten.
Die Integration weiterer Zusatzfunktionen ist möglich – darüber entscheidet jedes Bundesland selbst. Was die technischen Voraussetzungen der Bezahlkarte anbelangt, sollen diese in allen der 14 Bundesländer, die sich auf eine standardisierte Karte geeinigt haben, identisch sein.
Grundsätzlich wird die Bezahlkarte nur in Deutschland funktionieren; einige Bundesländer könnten die Nutzung auch regional begrenzen. Der Einsatz im Ausland zum Bezahlen in Läden oder Geld abheben am Automaten ist nicht möglich. Online-Zahlungen innerhalb der EU sollen möglich sein.
Die guthabenbasierte Karte ohne Kontobindung kann nicht überzogen werden. Karte-zu-Karte-Überweisungen, Überweisungen online im In- und Ausland sind ausgeschlossen. Das gilt auch für Überweisungen durch einen Karteneinsatz bei Western Union.
Bestimmte Branchen oder einzelne Produkte wie Glücksspiel oder Alkohol sollen vom Bezahlen gesperrt werden. Das Erreichen eines bestimmten Guthaben-Limits könnte zur Ablehnung weiterer Guthabenaufladungen führen.
Die Karte wird mit einer Kartennummer, dem Vor- und Nachnamen des Geflüchteten, dem Ablaufdatum und der zugeordneten Ausländerzentralregister-Nummer (AZR-Nummer) versehen werden. Außerdem wird das Logo eines Zahlungsnetzwerks, Visa oder Mastercard, aufgedruckt sein.
Das maximale Ablaufdatum wäre 36 Monate, da Geflüchtete in diesem Zeitraum auf der Grundlage des Asylbewerbergesetzes Leistungen beziehen können.
Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist keine Bankkarte, vergleichbar mit einer Girocard. Sie funktioniert wie eine Prepaidkarte und ohne Kontoanbindung. Die Karten werden nicht von den Nutzer:innen aufgeladen werden können und auch keine Überweisungsfunktion besitzen.
Kartenleistungen | Bezahlkarte | Girocard |
Einsatzgebiet | Deutschland / regional begrenzt | Deutschland; im Ausland nur mit Co-Badge (Visa / Mastercard) oder V-Pay |
Bargeldauszahlungen | ja | ja |
Überweisungen | nein | ja |
Online-Zahlungen | Ja, in der EU | ja |
Bezahlen im Laden | ja | ja |
Kontaktlos bezahlen | nein | ja |
Mobiles Bezahlen | ja | ja |
Konto gebunden | nein | Ja, Karte mit IBAN & BIC |
Kontoüberziehung | nein | ja, bei Dispo / nach Vereinbarung |
Kartendaten | Kartennummer, Gültigkeitsdatum, Vor- und Nachname des Asylbewerbers / der Asylbewerberin, zugeordnete Ausländerzentralregister-Nummer (AZR-Nummer) | Kartennummer, Gültigkeitsdatum, Vor- und Nachname des Karteninhabers / der Karteninhaberin, IBAN, BIC, Sicherheitscode |
Geflüchtete aus der Ukraine können im Gegensatz zu Asylsuchenden bei Banken und Sparkassen problemlos unter Vorlage von Reisepass (oder Bestätigung der Ausländerbehörde) und Angabe einer Adresse ein Basiskonto eröffnen.
Bayern und Mecklenburg-Vorpommern haben sich zur Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete bekannt. Den Regelungen zur einheitlichen Vergabe durch die 14 anderen Bundesländer folgen sie nicht. Die Mindeststandards zur Karte tragen sie mit.
Das eigentliche Vergabeverfahren wollen sie nicht aus der Hand geben und dabei eigene Standards anwenden. Einzelheiten, wie das konkret aussehen wird, sind Anfang Februar 2024 noch nicht bekannt.
Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern verspricht sich durch ihren Sonderweg ein schnelleres Verfahren. Eine zeitnahe Ausschreibung der Umsetzung eines entsprechenden Bezahl- und Kartensystems soll sicherstellen, dass die Bezahlkarte im Oktober 2024 eingeführt wird. Andere Bundesländer wie Berlin rechnen mit der frühestmöglichen Einführung der Bezahlkarte im Jahr 2025.
Das dauert den Verantwortlichen im Freistaat Bayern viel zu lange. Es gibt eine Äußerung vom Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), dass das Bundesland Bayern Bargeldzahlungen an Asylsuchende schnell und strikt einschränken wird. Die maximale Bargeldauszahlung pro Monat soll sich nach dem gesetzlich zulässigen Minimum richten. Von 50 Euro ist die Rede, dürften aus rechtlicher Sicht allerdings 100 Euro plus sein. Bis zum Sommer 2024 soll die Bezahlkarte im Freistaat flächendeckend eingeführt werden.
Laut der Bundesregierung wurden 2023 mehr als 304.500 Erstanträge auf Asyl gestellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um 60 Prozent. Für das Jahr 2022 weist die Statistik rund 244.100 Asylanträge in Deutschland aus.
Die steigende Zahl Asylsuchender verursacht Kosten für Unterbringung und lebensnotwendige Leistungen, die zu etwa 60 Prozent von Kommunen getragen werden. Illegale Einwanderung belastet das Sozialsystem zusätzlich. Schlepperkriminalität ist ein ernst zu nehmendes Problem.
Wichtige Ziele der Einführung der Bezahlkarten sind:
Die Bezahlkarte soll Geflüchteten ohne Bankverbindung gerade in den ersten Monaten helfen, ihre Sozialleistungen einfach auf ihrer Karte zu empfangen und damit die Dinge des alltäglichen Bedarfs zu bezahlen.
Die Bezahlkarte für Asylsuchende soll, wenn es nach den Befürwortern geht, nur Vorteile bringen. Auch Asylbewerber:innen sollen davon profitieren. Kritiker der Bezahlkarten teilen diese von der Politik propagierten positiven Erwartungen an die Bezahlkarte nicht oder nur zum Teil.
Einige warnen vor höheren Kosten im Vergleich zu staatlichen Barleistungen. Auch der Verwaltungsaufwand werde sich eher erhöhen als umgekehrt. In einigen Landkreisen erhalten Geflüchtete derzeit monatlich Leistungen bargeldlos auf ein normales Bankkonto überwiesen. Mit der neuen Bezahlkarte wäre ein Besuch im Landratsamt notwendig, um die Karten aufladen zu lassen.
Für Kritiker wie Sozialvereine, Wohlfahrtsverbände und Integrationsbeauftragte ist die Bezahlkarte ein Instrument zur Diskriminierung von Asylsuchenden. Pro Asyl etwa kritisiert das Fehlen der Überweisungsfunktion und eines Mindestbetrages für die Barabhebung sowie regionale Einschränkung.
Die von den Ländern beschlossenen Mindeststandards der Bezahlkarte sind der Organisation nicht weitgehend genug.
Für Politikwissenschaftler:innen ist es keineswegs sicher, dass die Karten die Migration und Fluchtbewegungen nennenswert beeinflussen werden. Einige sehen die Einführung der Bezahlkarten lediglich als Symbolpolitik.
Kritik kommt auch aus den Reihen der Politik selbst. Kommunalpolitiker:innen bemängeln das Fehlen bundeseinheitlicher Vergaberichtlinien. Alle Bundesländer haben der Einführung zugestimmt. Doch in einzelnen Ländern wie NRW ist es den Kommunen überlassen, ob sie die Bezahlkarte einführen. Da sie die damit verbundenen Kosten tragen müssen, könnte die Einführung der Bezahlkarte in einer Kommune rein aus Kostengründen scheitern.
Pro Karte werden Kosten von 3 bis 6 Euro angenommen. Die Zusage einer Kostenbeteiligung gibt es weder seitens des Bundes noch der Länder. Da eine verbindlich anwendbare Regelung unwahrscheinlich ist, könnten unterschiedliche Regelungen in Ländern und Kommunen ein deutschlandweit praktiziertes System der Bezahlkarte infrage stellen. In einem Landkreis gibt es dann die Bezahlkarte, im Nachbarkreis hingegen nicht.
Asylsuchende sowie Personen mit einer befristeten Duldung sollen einen Teil der staatlichen Leistungen nicht mehr als Bargeld ausgezahlt, sondern über das Guthaben ihrer Bezahlkarte bereitgestellt erhalten.
Die Bundesländer haben sich über die Rahmendaten einer Bezahlkarte für Geflüchtete geeinigt. Der nächste Schritt ist die Ausschreibung der Vergabeverfahren. Es muss ein Dienstleister gefunden werden, der die Karte inklusive der speziellen Wünsche der jeweiligen Länder entwickelt. Es ist abzuwarten, ob sich alle Funktionen, inklusive Beschränkungen und Ausschlüssen, wie gedacht in eine Karte einbinden lassen.
Die Einführung der Bezahlkarten für Geflüchtete ist ein komplexes Thema. Befürworter:innen argumentieren mit der Vereinfachung des Verwaltungsprozesses und Bürokratieabbau. Kritiker:innen stellen die tatsächliche Wirksamkeit hinsichtlich der Verringerung von Migration infrage. Bedenken haben sie wegen der potenziellen Diskriminierung von Asylsuchenden.
Bei Verschärfung der Gesetze müssen abgelehnte oder geduldete Asylbewerber:innen möglicherweise über den Zeitraum des eigentlichen Asylverfahrens hinaus mit der Bezahlkarte und ihren Beschränkungen auskommen.
Die Bezahlkarte wird spätestens mit der Integration von Asylsuchenden im Zuge der Eröffnung eines Kontos bei einer Bank oder Sparkasse hinfällig. Ein Bankkonto ist grundsätzlich notwendig, um Lohn ausgezahlt zu bekommen oder Miete zu zahlen.
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Hier findest du Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.
Die neue Bezahlkarte werden Geflüchtete vor allem zum Bezahlen nutzen. Eine Art „Taschengeld“ oder die Möglichkeit zum Geld abheben wird es wahrscheinlich geben. Wie viel Geld Asylbewerber letztlich in bar erhalten, ist eine Entscheidung des jeweiligen Bundeslandes.
Die Bezahlkarten sollen online wie offline einsetzbar sein. Überweisungen ins Ausland sowie Online-Käufe außerhalb der EU werden nicht möglich sein. Über eventuelle Zusatzfunktionen entscheidet jedes Bundesland selbst.
Die Bezahlkarte für Asylsuchende und Geflüchtete verfügt nicht über eine Kontobindung mit Überweisungsfunktion. Es handelt sich um eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion.
Bargeld lässt sich mit der Bezahlkarte für Flüchtlinge an Geldautomaten in Deutschland abheben. Der Guthabenbetrag ist zugleich der maximal abhebbare Betrag. Eine geduldete Überziehung, wie bei einer Bankkarte oder Girocard, ist nicht möglich.